Thomas Grübner zum Thema: Finanzierungsplanung in Nach-Niedrigzins-Zeiten
Es ist ziemlich genau elf Jahre her, dass die EZB den Leitzins letztmals angehoben hat – und diese Anhebung dann sofort wieder kassierte. Eine ganze Generation von Kaufleuten ist in der letzten Dekade damit groß geworden, ein Arbeitsumfeld mit historischen Niedrigzinsen zu haben. Waren im 40-Jahre- Vergleich für Maschineninvestitionen Durchschnittszinsen von 6,0 – 8,5% normal, so musste man sich als Finanzierer in den letzten Jahren für Zinsen über 3% schon fast entschuldigen. Leider haben viele vergessen, dass dieses historische Niedrigzinsniveau durch die Finanzmarktkrise von 2008/2009 und ihre Folgen verursacht wurde. Doch durch die jetzt kriegsbedingt ausgelöste Inflation weltweit ist es mit der Niedrigzinszeit endgültig vorbei. Aktuell hat die EZB eine umstrittene erste Zinsanhebung ab Juli 2022 um 0,25 Basispunkte beschlossen. Und es gilt als sicher, dass weitere Zinsanpassungsschritte in mindestens 0,25-Basispunktschritten auf insgesamt 1,5% bis 2024 folgen werden.
Gute Liquidität hat gute Bonität zur Folge
Schon in den letzten drei Monaten vor dieser aktuellen Zinsanpassung sind die Einstandszinsen um 1,2 – 1,5% gestiegen. Bei Maschinenfinanzierungen wird man dies vor allem bei Finanzierungsverläufen, die über 60 Monate hinaus gehen, spüren. Was bedeute das nun für grafische Unternehmer? Zunächst diese Fakten zu aktzeptieren! Die Finanzierungsinstitute haben in den letzten Jahren massiv darunter gelitten, wegen des Zinsniveaus keine auskömmlichen Margen mehr zu verdienen. Filialschließungen und Angebotsreduzierungen waren die Folge. Jetzt darf man natürlich mit gewissen Mitnahmeeffekten der Banken rechnen. Viel Spielraum zum Verhandeln, vor allem in der Anfangsphase der nächsten 12 bis 14 Monate, wird es da nicht geben. Aber Unternehmer werden trotzdem weiter investieren müssen. Darum empfehle ich den alten, bewährten Grundsatz „Liquidität geht vor Rentabilität“! Wer für eine gute Liquidität sorgt, hat in der Regel eine gute Bonität und damit berechtigte Chancen für günstige Zinsen – und gleichzeitig eine hohe Sicherheit auf der Seite der eigenen Unternehmensfinanzierung. Das heißt: Reserven halten und nicht in Investitionen stecken, um Finanzierungskosten zu sparen. „Sale and Lease back“, „Factoring“ und „Finetrade“ prüfen und anwenden. Was finanzierbar ist, finanzieren!
Preisseigerungen an Kunden weitergeben
Bei der Prüfung von konkreten Investitionen ist eine sorgfältige Rentabilitätsberechnung für das Investment vorneweg natürlich Pflicht. Bei der Finanzierung in der Planungsphase mit dem Wunschfinanzierer frühzeitig Kontakt aufnehmen und Möglichkeiten für einen Forward (größere Investitionen) ansprechen. Bei der Laufzeit zum Beispiel statt mit 84 Monaten über 60 Monate mit Schlussrate nachdenken. Mit dem Steuerberater die eigenen Kennzahlen und Auskünfte optimieren. Sich über mögliche Fördermittel informieren etc. Doch neben der sorgfältigen Planung und all den sich daraus ergebenden Herausforderungen sehe ich als größtes Problem die Hauptkonsequenz, die man in dieser Phase ziehen muss: Wenn wirklich überall und bei jedem die Preise steigen, kann man nur dauerhaft am Markt bestehen, wenn man die Preissteigerungen im Einkauf durch eigene Preisanpassungen im Verkauf an die Kunden weiterreicht. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass sich hier besonders grafische Unternehmen äußerst schwer tun…
Thomas Grübner, Geschäftsführender Gesellschafter der Elbe-Leasing GmbH, Dresden.